Bei Artikeln zum Thema Kinderwunsch geht es häufig um medizinische Hintergründe, um Expert:innen-Tipps oder ganzheitliche Behandlungsansätze – auch hier bei fertilitips. Uns ist es gleichzeitig wichtig, echte Menschen zu zeigen, die Herausforderungen bei der Erfüllung ihres Kinderwunsches haben. Deshalb sind wir froh, dass Maren und Florian heute ihre Geschichte mit uns teilen. Im Interview erzählen sie, wie ihr erster Besuch in der Kinderwunschklinik verlief, wie sie es schaffen, in dieser Zeit zusammenzuhalten und was ihnen immer wieder Hoffnung gibt.
Ihr beiden, es ist toll, dass ihr mit uns über euren Kinderwunsch und eure persönlichen Erfahrungen während dieser Reise sprecht. Stellt euch zu Beginn gerne kurz vor: Was sollten die Leser:innen über euch wissen?
Maren: Ich bin Maren, 29 Jahre alt, Florian ist 30. Wir sind seit knapp drei Jahren zusammen und haben uns damals über Tinder kennengelernt. Ende letzten Jahres haben wir geheiratet – der Grund dafür war tatsächlich der Kinderwunsch. Wir hätten vermutlich sonst auch in ein paar Jahren geheiratet, aber wir haben die Hochzeit vorgezogen, als wir die Kosten gesehen haben, die als unverheiratetes Paar bei der Kinderwunschbehandlung auf uns zugekommen wären. Es war ein schöner Tag, aber trotzdem fühlten wir uns unter Druck gesetzt, diese Entscheidung zu treffen.
Florian: Da wird man ja leider noch stark benachteiligt, wenn man nicht verheiratet ist. Unverheiratet bekommt man keinen Zuschuss durch die Krankenkasse. Deshalb haben wir uns für die Hochzeit entschieden.
Damit sind wir direkt schon ins Thema Kinderwunsch eingestiegen: Wann habt ihr euch erstmals damit beschäftigt, dass ihr ein Baby wollt – und erkannt, dass es vielleicht nicht auf natürlichem Weg klappen könnte?
Maren: Der erste Schritt ging von mir aus.
Ich wollte eigentlich immer gerne früh Mama werden, ich hätte es mir auch schon mit 25 Jahren vorstellen können. Mit Florian habe ich den richtigen Partner gefunden, allerdings hatte ich schon den Verdacht, dass es mit einer Schwangerschaft schwierig werden könnte.
Ich leide seit Beginn meiner Periode unter starken Periodenschmerzen und nachdem das Thema Endometriose immer stärker in den Medien aufkam, habe ich mich intensiv damit beschäftigt und meine Ärzte und ich gehen davon aus, dass ich Endometriose habe – und die kann ja die Erfüllung des Kinderwunsches erschweren.
Da man Endometriose hauptsächlich nur mit einer Bauchspiegelung diagnostizieren kann und ich gehört hatte, dass diese mit einigen Risiken einhergeht, habe ich für mich entschieden: Wir probieren es einfach erstmal – wenn es klappt, ist es schön und wenn nicht, dann können wir immer noch die nächsten Schritte gehen. Florian war von alldem anfangs etwas überrumpelt, glaube ich.
Florian: Ja, ich hätte noch ein bisschen länger gewartet. Ich bin aufgrund meines Studiums etwas später ins Berufsleben eingestiegen und wollte mich erst einmal auf meine Karriere konzentrieren. Marens Wunsch kam für mich also zunächst sehr überraschend und ich musste erst einmal für mich entscheiden, ob ich mich überhaupt schon dazu in der Lage fühlte, ein Kind zu bekommen. Es ist ja schon ein ziemlich großer Schritt.
Ihr habt euch aber dafür entschieden, es zu probieren? Und wie ging es dann weiter?
Maren: Genau, wir haben beschlossen, dass wir es einfach versuchen – und dann sind einige Monate vergangen und nichts passierte. Ich habe viel gelesen, wie ich eine Schwangerschaft unterstützen kann und habe unter anderem meine Ernährung komplett umgestellt. Als nach einem halben Jahr noch immer kein Schwangerschaftstest positiv war, haben wir überlegt, was wir machen. Wir dachten wieder an die Bauchspiegelung, aber da ich eine Blutgerinnungsstörung habe, durch die ich vermehrt blute, bin ich mit Operationen immer vorsichtig.
Da man ja immer wieder liest, dass man bei einem Kinderwunsch auch den Mann untersuchen sollte, habe ich vorgeschlagen, dass Florian ein Spermiogramm machen lässt. Das hat er gemacht und es fiel leider nicht gut aus. Der Arzt hat uns deshalb geraten, in eine Kinderwunschklinik zu gehen.
Ihr hattet schon den Verdacht, dass es durch Endometriose schwieriger werden könnte und dann war auch noch das Spermiogramm auffällig. Wie war es für euch, das zu hören?
Florian: Natürlich war es schon irgendwie ein Schlag ins Gesicht für mich, das zu hören. Gleichzeitig war es ganz gut für uns, um sozusagen die Verantwortung zwischen uns ein bisschen aufzuteilen. Maren hat sich zuvor schon öfter selbst die Schuld dafür gegeben, dass es nicht klappt. So wussten wir nun, dass die Ursache bei uns beiden liegen konnte und das hat Maren etwas entlastet, denke ich.
Maren: Ja, für die Beziehung ist diese Diagnose tatsächlich ganz gut, weil ich ehrlich gesagt anfangs die Befürchtung hatte, dass ich vielleicht mal von Florian einen Spruch höre wie: „Nur weil du krank bist oder bei dir etwas nicht stimmt, müssen wir all die Behandlungen machen und das ganze Geld zahlen.“ Und da war ich auf jeden Fall erleichtert, dass es an uns beiden liegen konnte – aber natürlich machte es die Herausforderung für uns noch einmal größer.
In jedem Fall hat uns das Ergebnis des Spermiogramms darin bekräftigt, dass wir es nicht weiter auf natürlichem Weg versuchen, sondern in eine Kinderwunschklinik gehen.
Wann habt ihr euch dann an eine Kinderwunschklinik gewandt und wie war der erste Besuch für euch?
Maren: Wir waren im September 2023 für das erste Gespräch dort, da wurde auch noch ein Spermiogramm gemacht und ich wurde untersucht. Danach sagte der Arzt, wir hätten einen ganz schön schweren Rucksack zu tragen. Da dachten wir natürlich: Okay, das wird wirklich nicht leicht. Aber wir haben uns trotzdem von Anfang an sehr wohl gefühlt und wussten, dass wir uns dort in Behandlung begeben wollten. Der Arzt sagte, wir könnten sofort starten – wir müssten nur noch heiraten.
Für die Klinik ist es letztlich egal, aber die wissen auch, dass die meisten Paare das Geld sparen wollen. Also haben wir innerhalb von sechs Wochen die Hochzeit geplant und geheiratet. Nach der Hochzeit mussten wir warten, bis der erste Zyklustag beginnt und dann habe ich zwei Wochen lang die Pille genommen und ich wurde in die künstlichen Wechseljahre versetzt, wodurch mein ganzer Hormonhaushalt herunterreguliert wurde. Das sah unser Behandlungsplan für die ICSI so vor. Ende Dezember habe ich dann angefangen, mir Hormone zu spritzen, damit mehr Eizellen angreifen als gewöhnlich. Anfang Januar hatte ich dann die Eizellenentnahme, die Eizellen wurde mit dem Sperma von Florian befruchtet – und dann mussten wir abwarten.
Wie war diese erste Zeit für euch?
Maren: Das war natürlich recht aufregend, weil alles neu war und wir nicht wussten, mit welchem Ergebnis wir nach etwa sechs Wochen Behandlung rechnen konnten.
Florian: Wir haben uns in dieser Zeit auch ziemlich zurückgezogen, um allen möglichen Störfaktoren – zum Beispiel einer Erkrankung in der Grippewelle – aus dem Weg zu gehen. Damit so etwas nicht Einfluss auf eine potenzielle Schwangerschaft nimmt oder die OP für die Eizellentnahme eventuell abgesagt werden muss.
Wir hatten es auch unserem Bekanntenkreis so mitgeteilt, dass wir nach Weihnachten wegen der Behandlung eher für uns sein wollten und sind da auf viel Verständnis gestoßen, was für uns sehr schön war.
Wir haben uns auch Urlaub genommen, damit wir gemeinsam zu den geplanten Terminen in der Kinderwunschklinik fahren können. Wir haben uns für eine Klinik entschieden, in die wir immer anderthalb Stunden hin und wieder zurückfahren müssen – das ist für uns also immer ein Tagesausflug.
Du hast gerade erwähnt, dass ihr eure Bekannten über den Kinderwunsch informiert habt. War von Anfang an klar, dass ihr offen damit umgeht?
Maren: Ich habe erst kurz überlegt, ob wir es besser für uns behalten. Aber durch die Hochzeit war es ja eine besondere Situation. Wenn wir einfach nur gesagt hätten, dass wir ganz spontan heiraten, dann hatte ich Angst vor eventuellen Sprüchen: „Maren ist doch bestimmt schwanger“ – genau das hätte ich ja nicht hören wollen. Also haben wir beschlossen, dass wir offen damit umgehen. Wir sind ja schließlich nicht die einzigen Menschen, die eine solche Behandlung machen, warum sollten wir es verheimlichen? Wir sind damit bislang ganz gut gefahren und ich würde es auch im Nachhinein wieder so machen.
Florian: Es war ja durch die kurzfristige Hochzeit eigentlich offensichtlich, dass irgendetwas dahintersteckt. Alle unsere Freunde waren total überrascht, als wir von der Hochzeit erzählt haben.
Und wie waren die Reaktionen, als ihr von eurer Kinderwunschbehandlung erzählt habt?
Maren: Wir haben ja zur gleichen Zeit verkündet, dass wir heiraten und dass wir in eine Kinderwunschklinik gehen, weil es mit der Schwangerschaft nicht klappte. Dadurch hatten viele dann gemischte Gefühle: Sie hatten einerseits Mitleid mit uns, dass ich nicht auf natürlichem Weg schwanger wurde, gleichzeitig freuten sie sich, dass wir heiraten. Ich muss sagen, dass es mir schon recht schwer fiel, das alles zu erzählen, weil es einfach so einen Beigeschmack hatte.
Sonst freuen sich die Leute ja alle immer total, wenn man erzählt, dass man heiratet – und bei uns kam dann der unerfüllte Kinderwunsch direkt hinterher.
Florian: Die Reaktionen, als wir von der Kinderwunschklinik erzählt haben, waren sehr unterschiedlich. Manche waren sehr offen und haben direkt erzählt, dass sie auch jemanden kennen, der auf diesem Weg ein Kind bekommen hat. Andere gehen gar nicht darauf ein oder wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Das liegt sicher auch daran, dass das Thema noch nicht so offen kommuniziert wird.
Ist es jetzt so, dass viele Freund:innen oder die Familien mitfiebern und immer genau wissen, welcher Schritt wann folgt? Haltet ihr sie da auf dem Laufenden?
Maren: Das ist sehr unterschiedlich. Einige kommen aktiv auf uns zu und fragen, wie es uns geht oder wie der aktuelle Stand ist. Andere halten sich eher zurück. Grundsätzlich finde ich es schön, wenn sich Freundinnen zwischendurch mal erkundigen oder nachfragen, wie es lief, wenn eine Eizellenentnahme war oder als ich jetzt eine Gebärmutterspiegelung hatte. Das ist schon schön, dass sie dann in Gedanken bei mir sind.
Hat es aus eurer Sicht auch Nachteile, wenn viele Menschen über die Kinderwunschbehandlung Bescheid wissen? Da gibt es ja sehr unterschiedliche Ansichten, aus welchen Gründen man offen damit umgeht oder es lieber für sich behält.
Maren: Wir hatten bislang zwei Transfers und beide waren negativ. Da hatten wir dann natürlich auch den Druck im Hintergrund, dass so viele Leute mitfieberten und wir dachten, jetzt müssen wir noch allen Bescheid geben. Ich glaube, beim nächsten Mal werden wir eher kein genaues Datum für den Transfer nennen und uns dann etwas später melden. Ich stelle es mir eigentlich schon so vor, dass wir – wenn ich dann hoffentlich endlich schwanger bin – es unseren Familien auch in einem schönen Moment persönlich sagen können. Und dass nicht alle wissen, an welchem Tag ich den Schwangerschaftstest mache und dann das Ergebnis schnell per WhatsApp geschickt bekommen.
Florian, du hattest vorhin erzählt, dass ihr euch zum Start der Behandlung Urlaub genommen habt. Hast du also auch im Arbeitsumfeld von der Kinderwunschbehandlung erzählt?
Florian: Ja, wir haben es auch dort offen kommuniziert – schon allein, weil es so viele Termine sind, die auch mal kurzfristig anfallen können. Es ist ja nicht damit getan, dass wir uns eine Woche Urlaub nehmen, sondern es ist ein Prozess, der lange dauert. Ich wollte auch offen über die Behandlung reden, weil ich so von den Kollegen mehr Verständnis erwarten kann, wenn ich kurzfristig ausfalle.
Maren: Florian muss ja theoretisch nicht zu jedem Termin mitkommen, nur wenn eine Spermaabgabe erforderlich ist, muss er vor Ort sein. Aber gerade am Anfang, als noch alles unbekannt war, war es natürlich gut, ihn dabei zu haben.
Florian: Für mich ist es auch wichtig, dass ich dabei bin. Ich bin ja trotzdem involviert, auch wenn ich nicht bei jedem Eingriff anwesend sein kann. Manchmal geht es auch nur darum, im nächsten Raum zu sitzen und zu warten. Maren kommt dann aus dem Behandlungszimmer raus und wir wissen nicht, ob es jetzt geklappt hat oder nicht – da will man als Mann ja bei seiner Frau sein.
Wie ist es denn für euch, jetzt in Kinderwunschbehandlung zu sein? Für einige Paare ist es ja manchmal erst eine Überwindung, für eine eigentlich so natürliche Sache nun all diese medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Habt ihr das auch so erlebt?
Maren: Ich bin einfach froh, dass es diesen Weg gibt.
Vor einigen Jahren wäre es für uns vielleicht aussichtslos gewesen, Kinder zu haben – und so besteht zumindest Hoffnung. Ich fühle mich sehr wohl in der Klinik und habe dort ein gutes Gefühl.
Die Ärzt:innen wissen alle, was sie tun, und geben uns das Gefühl, dass wir irgendwann mit einem Kind im Arm nach Hause gehen können. Auf der anderen Seite ist es ja auch total interessant und man lernt richtig viel. Natürlich könnten wir da auch gut drauf verzichten, aber so etwas erlebt ja auch nicht jedes Paar und ich finde es schon spannend, wie das alles funktioniert. Es war auch überraschend, wie viele Paare dort sitzen und die Behandlung in Anspruch nehmen.
Kommt ihr dabei in Kontakt mit anderen Paaren, zum Beispiel im Wartezimmer? Wie ist die Stimmung dort?
Maren: Zumindest im Wartebereich erlebe ich die Stimmung als ein bisschen angespannt. Man weiß auch nie so genau, ob wir da auch mal lachen können, weil es uns gerade relativ gut geht – weil vielleicht das Pärchen in der Reihe gegenüber gerade eine schlechte Nachricht erhalten hat. Jedenfalls ist klar, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Alle haben ihre eigenen Baustellen, aber wir verfolgen alle das gleiche Ziel.
Florian: Und bei welchem Arzt hat man im Wartezimmer schon groß Kontakt mit anderen Patient:innen? Das ist vielleicht nicht nur in der Klinik dort so, dass man sich nicht austauscht. Sobald wir beim Arzt drin sind, finde ich es jedenfalls immer sehr locker und nett.
Ihr habt vorhin erzählt, dass ihr zwei Transfers durchgeführt habt, die beide nicht zu einer Schwangerschaft führten. Wie geht es jetzt für euch weiter?
Maren: Bei mir wurde jetzt eine Gebärmutterspiegelung durchgeführt, um sicherzustellen, dass nichts in der Gebärmutter vorliegt, was eine Einnistung verhindert. Da wir eine sehr gute Eizellqualität hatten, waren wir ehrlich gesagt etwas enttäuscht, dass es bei den ersten beiden Versuchen nicht geklappt hat, deshalb haben wir uns für diese Untersuchung entschieden. Dabei wurden keine Auffälligkeiten festgestellt und theoretisch hätten wir direkt im nächsten Zyklus den nächsten Transfer machen können. Aber die Gebärmutterschleimhaut hatte sich nicht so gut aufgebaut, sodass der Arzt vorschlug, einen Zyklus Pause zu machen und es dann im nächsten wieder zu versuchen. Ich finde das auch gar nicht so schlecht, jetzt haben wir ein paar Wochen Ruhe und können ein bisschen entspannen, bevor es weitergeht.
Ihr seid ja beide noch relativ jung, sind die Ärzt:innen deshalb besonders zuversichtlich?
Maren: Ja, das hat unser Arzt öfter erwähnt, genau wie meine gute Eizellenreserve. Dadurch haben wir gute Aussichten und ich kann mir vorstellen, dass der Druck in einer anderen Situation deutlich größer wäre. Bei mir wird auch immer nur eine Eizelle eingesetzt, weil es in meinem Alter wohl eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass es sonst Zwillinge werden – und dann geht die Schwangerschaft ja mit höherem Risiko einher. Also unser Arzt ist schon sehr zuversichtlich, was uns natürlich gut tut.
Frauen aus der fertilitips-Community haben uns erzählt, dass es für sie besonders frustrierend ist, immer wieder auf den nächsten Zyklus warten zu müssen und dass sie das Gefühl haben, es sei „schon wieder ein verlorener Monat“. Geht euch das auch so?
Maren: Wir sind ja noch nicht so lange in der Klinik in Behandlung, deshalb stellt sich dieses Gefühl noch nicht unbedingt ein. Ich sehe es eher als Chance an, jeden Monat einen neuen Versuch starten zu können. Aber insgesamt wird es natürlich mit jedem Monat, der vergeht, deprimierender. Man sagt ja bei schmerzhaften oder schwierigen Situationen oft, dass es mit der Zeit besser wird – aber ich finde, beim Thema Kinderwunsch wird es Monat für Monat schmerzhafter und schwieriger, damit umzugehen.
Habt ihr euch professionelle psychologische Unterstützung für diese Zeit gesucht oder wie schafft ihr es, das mental und emotional gut durchzustehen?
Maren: Wir haben keine psychologische Beratung und ich glaube, aktuell kommen wir noch ganz gut klar – jeder von uns auf die eigene Weise. Florian macht zum Beispiel viel Sport zum Ausgleich.
Florian: Ich merke insgesamt, dass man in dieser Zeit wesentlich sensibler wird.
Letztens haben wir eine Serie geguckt, in der wieder jemand einfach so schwanger wurde und da haben wir uns auch beide angeschaut und dachten: Bei denen klappt es wieder einfach so – warum nicht bei uns? Insgesamt reagieren wir einfach sensibler auf solche Dinge.
Gibt es etwas, das euch in dieser Zeit stärkt? Ihr habt gerade schon Sport erwähnt, was hilft euch noch?
Maren: Ich finde es sehr aufbauend, einen Fahrplan zu haben, und genau zu wissen, was wir als nächstes tun. Wenn das jetzt noch viele Monate oder Jahre so weitergeht, dann ist es natürlich psychisch nochmal eine deutlich größere Belastung, aber aktuell ist es für mich noch die größte Hilfe, mich auf den Behandlungsplan zu verlassen – wir haben ja auch keine andere Möglichkeit.
Florian: Mir fällt dazu noch ein, dass uns der Arzt im Erstgespräch auch darauf vorbereitet hat, dass es eine schwere Zeit werden kann. Es gibt auch Fälle, in denen es nicht klappt, und der Weg zum Kind kann lang sein – deswegen waren wir auch schon in einer Weise darauf vorbereitet, und ich glaube, das hat uns geholfen.
Ihr scheint gut zusammen durch den Prozess zu gehen, manche Paare entfernen sich während der Kinderwunschreise ja auch leider voneinander. Könnt ihr etwas teilen, was euch hilft, in Verbindung zu bleiben?
Florian: Offene Kommunikation ist dabei sehr wichtig. Jedes Gefühl, das man empfindet, kann man dem anderen mitteilen. Auch wenn es mir sehr schwerfällt, darüber zu sprechen. Vielleicht ist es dann ganz gut, auch noch mit anderen Personen darüber zu reden. Einfach, damit man noch eine andere Sichtweise bekommt. Wenn man die ganze Zeit nur zu zweit aufeinander hockt, kennt man nur die eigene Sichtweise – eine dritte Person kann da noch mal ganz andere Perspektiven einbringen, die der Partner vielleicht nicht so gut vermitteln kann.
Maren: In der ganzen Situation ist man natürlich schon viel gereizter. Als ich in den künstlichen Wechseljahren war, war ich wirklich wegen jeder Kleinigkeit „on fire“. Das habe ich auf der Arbeit gemerkt und natürlich habe ich es auch öfter an Florian ausgelassen, wenn er mal einen falschen Kommentar gemacht hat. Seit dem Ende dieser Hormoneinnahme ist es besser, aber natürlich haben wir den Kinderwunsch und die Behandlung immer im Hinterkopf und wenn einer von uns mal schlecht drauf ist, hauen wir dem anderen schon mal Sprüche um die Ohren.
Da ist es gut, einfach zu wissen, woran es liegt, und wenn wir uns daran erinnern, dass es auch nichts bringt, wenn wir uns jetzt noch streiten. Wir sehen dann eher darüber hinweg, weil wir zusammenhalten wollen.
Wie können wir uns gerade euren Alltag vorstellen? Organisiert ihr alles um die Behandlung herum oder plant ihr auch mal einen Urlaub, der in ein paar Monaten stattfindet?
Florian: Wir haben in diesem Jahr gesagt, dass wir alles andere hinten anstellen. Wir machen eigentlich gerne Urlaub und sind normalerweise viel unterwegs, aber jetzt ist es uns wichtiger, möglichst viele Termine wahrnehmen zu können. Da möchten wir nicht die Entscheidung treffen müssen, ob wir einen Urlaub stornieren, weil es ein guter Zeitpunkt für einen Behandlungstermin wäre. Also hat der Kinderwunsch gerade Auswirkungen auf unser ganzes Leben. Aber wir haben einfach diesen Wunsch, den wir uns zusammen erfüllen möchten und deshalb sind wir auch dafür bereit, alles zurückzustellen.
Maren: Hinzu kommt, dass wir uns für die Behandlungen ja auch oft Urlaub nehmen müssen – da kommt schon einiges zusammen, sodass ich mir meinen Urlaub gerade lieber für die Termine in der Klinik aufspare. Und natürlich wird Urlaub auch immer teurer und wir sind bei jedem Transfer aktuell mit gut 2000 Euro dabei. Da ist ein Urlaub gerade nicht unbedingt drin.
Habt ihr zum Abschluss noch etwas, das ihr mitgeben möchtet? Gibt es etwas, das ihr durch die bisherige Zeit gelernt oder gewonnen habt – oder etwas, das euch gestärkt hat?
Maren: Ich bin durch diese Zeit deutlich geduldiger geworden, zumindest lerne ich es gerade. Eigentlich ist es bei mir immer so, dass ich eine Sache sofort umsetzen will, sobald ich sie mir in den Kopf gesetzt habe. Jetzt haben wir aber keinen Einfluss darauf, wir müssen einfach geduldig sein und auf die Medizin und den eigenen Körper vertrauen. Ich glaube, da sollte man echt nicht den Mut verlieren, denn es gibt so viele Geschichten, die gut ausgehen.
Florian: Ich glaube auch, wenn man dran bleibt und versucht, positiv zu denken, dann werden wir hoffentlich auch irgendwann mit einem positiven Schwangerschaftstest belohnt. Bis dahin muss man irgendwie durchhalten und stark bleiben – und natürlich zusammenhalten, das ist vermutlich das Wichtigste.
Update: Etwa vier Monate nach dem Gespräch haben sich Maren und Florian bei uns mit einer wunderbaren Nachricht gemeldet – sie erwarten ihr erstes Baby! Die fertilitips-Redaktion gratuliert von Herzen und wir sind überzeugt, dass ihre Geschichte vielen Personen in der gleichen Situation Hoffnung schenken kann.