Die Erfüllung eines Kinderwunschs hat so viele Facetten: Du hörst sicher jeden Tag neue Ratschläge und liest vermeintlich wichtige Hinweise, die du unbedingt beachten solltest. Das kann zusätzlichen Stress auslösen und dich mental belasten – vor allem, wenn du schon länger auf dieser Reise bist. Was für dich individuell wichtig ist und zu dir passen könnte, das gucken wir uns bei fertilitips nach und nach an. Heute soll es zunächst darum gehen, wann du überhaupt schwanger werden kannst.
Denn selbst wenn du vielleicht denkst: „Rund um den Einsprung, ist doch klar“ – viele Frauen wissen überhaupt nicht, wann ihre fruchtbaren Tage sind. Und teilweise hält sich noch immer der Mythos, dass es nur genau einen Tag gibt, an dem es klappen kann, und an dem Sex bereits im Kalender steht. Blicken wir also genau auf deinen Zyklus und die Anzeichen deiner fruchtbaren Tage.
Auf diese Phase kommt es an
Zunächst etwas medizinisches Grundwissen: Durchschnittlich reift im Körper einer Frau alle 28 Tage eine Eizelle mit Follikel so weit heran, dass sich das Ei aus dem Eierstock löst – das geschieht in der Mitte des Zyklus und wird Eisprung (Ovulation) genannt. Diese Eizelle ist nun für etwa zwölf bis 24 Stunden bereit, befruchtet zu werden. Glücklicherweise ist das Zeitfenster für eine erfolgreiche Befruchtung aber größer, denn die Spermien eines Mannes können bis zu sechs Tage im weiblichen Körper überleben.
Das bedeutet, dass maximal fünf Tage vor dem Eisprung bis 24 Stunden nach dem Eisprung eine Chance besteht, schwanger zu werden.
Die fruchtbarsten Tage sind also vor dem Eisprung und nicht unbedingt am Tag des Eisprungs selbst, wie viele Menschen denken. Hättest du also einen Zyklus nach 28-Tage-Schema, könntest du auf dem Papier ausrechnen, wann diese fruchtbaren Tage sind. Doch einer Studie zufolge weichen bei mehr als der Hälfte aller Frauen die Zyklen um fünf oder mehr Tage von der Standardgröße von 28 Tagen ab, weshalb die klassische Kalendermethode nicht zuverlässig ist, um deine fruchtbaren Tage anzukreuzen.
Für dich ist es vielmehr wichtig, dich, deinen Körper und deinen Zyklus genau zu beobachten und gut kennenzulernen, um die Tage rund um den Eisprung zu identifizieren.
Anzeichen für deinen Eisprung
Die meisten Frauen bemerken ihren Eisprung im oft vollen Alltag überhaupt nicht – vor allem, wenn sie noch keinen Kinderwunsch haben. Dabei passiert im Körper rund um diesen Zeitpunkt einiges: So verändert sich deine Basaltemperatur und der Zervixschleim (mehr dazu später). Einige Frauen spüren einen sogenannten Mittelschmerz oder haben gesteigertes sexuelles Verlangen.
Kommt der Eisprung näher, wird außerdem der Muttermund weicher und die Muttermundöffnung vergrößert sich. Auch an deiner Atmung könnte man merken, in welche Phase des Zyklus du dich befindest, denn kurz vor dem Eisprung fällt der CO2-Gehalt in der von dir ausgeatmeten Luft ab. Nach dem Eisprung wird der Zervixschleim so zähflüssig wie zuvor, der Muttermund schließt sich wieder und auch die Basaltemperatur steigt leicht an. Anhand dieser Faktoren kannst du also herausfinden, wann dein Eisprung ansteht – und die folgenden Methoden helfen dir dabei.
Was Ovulationstests bringen
Ein weit verbreitetes Produkt, das Menschen auf der Kinderwunsch-Reise begleitet, ist der Ovulationstest. Dieser funktioniert ähnlich wie ein Schwangerschaftstest: Mit Hilfe einer Urinprobe erkennst du anhand der Verfärbung des Teststreifens, wann deine fruchtbaren Tage sind. Basis für diese Messung ist das luteinisierende Hormon (LH), das normalerweise 24 bis 36 Stunden vor dem Eisprung ansteigt. Wenn du diesen Anstieg beobachtest, weißt du also recht genau, in welcher Zyklusphase du dich befindest. Es gibt auch Tests auf Speichelbasis, die eine Veränderung im Östrogengehalt messen und die man wiederverwenden kann – am besten testest du selbst, womit du dich am wohlsten fühlst.
Bevor du mit Ovulationstests beginnst, solltest du deinen Zyklus schon etwas beobachtet haben, um die fruchtbaren Tage grob eingrenzen zu können, sodass du nicht jeden Tag testen musst.
Leider ist es so, dass Krankheiten oder Medikamente deinen LH-Spiegel beeinflussen können, weshalb die Zuverlässigkeit nicht immer garantiert ist. Trotzdem gelten die Tests als gute Methode, um der Erfüllung des Kinderwunschs näher zu kommen. Forscher:innen vom „Nuffield Department of Women's & Reproductive Health“ in Oxford haben im Jahr 2023 sieben Studien mit insgesamt 2.464 Frauen untersucht (hier alle Infos zur Studie), und sie schreiben: „Wir kommen zu dem Schluss, dass der Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs um die fruchtbare Phase, die mit Urin-Ovulationstests ermittelt wurde, wahrscheinlich die Chance auf eine Schwangerschaft und eine Lebendgeburt im Vergleich zum Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsvorhersage erhöht.“
In Zahlen ausgedrückt: Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft liegt demnach bei 20 bis 28 Prozent, wenn Paare sich beim Sex an einem Ovulationstest orientierten – ohne Test bei 18 Prozent. „Das gilt für Frauen unter 40 Jahren, die seit weniger als zwölf Monaten versuchen, schwanger zu werden“, so die Studien-Macher:innen. Gleichzeitig weisen sie daraufhin, dass es keine Ergebnisse dazu gibt, wie sich die ständigen Ovulationstest auf das Stresslevel und die Lebensqualität auswirken. Denn natürlich darf uns allen klar sein: Permanent testen und das Liebesleben nach den Ergebnissen ausrichten, das kann stressig und kräftezehrend sein.
Die Messung der Basaltemperatur
Eine Methode, die in die Kategorie „Natürliche Familienplanung“ fällt und auch oft zur Verhütung angewendet wird, ist die Messung der morgendlichen Temperatur, der sogenannten Basaltemperatur. Bei den meisten Frauen ändert sich dieser Wert im Laufe des Zyklus, sodass eine Erfassung der täglichen Temperatur Aufschluss über die fruchtbaren Tage geben kann.
In der ersten Zyklushälfte liegt die durchschnittliche Basaltemperatur bei 36,5 Grad Celsius, kurz nach dem Eisprung steigt sie an, eine Erhöhung um bis zu einem Grad Celsius ist möglich.
Um auf diese Weise wirklich ein Gefühl für deine fruchtbaren Tage zu bekommen, solltest du mindestens drei Monate lang messen und die Daten erfassen.
Wichtig ist, dass die Messung jeden Morgen direkt nach dem Aufwachen passiert – am besten rektal oder vaginal. Einen Überblick über die Vorteile und Besonderheiten verschiedener Messmethoden findest du im Fachportal „Frauenärzte im Netz“. Grundsätzlich solltest du möglichst immer um die gleiche Zeit und mit dem gleichen Thermometer messen, um eine hohe Vergleichbarkeit der Daten zu erreichen. Machst du das einige Zyklen lang, bekommst du ein deutlich besseres Verständnis für deinen Zyklus und kannst einschätzen, in welcher Phase du dich gerade befindest.
Wenn du auf ein spezielles Gadget zur Messung setzen willst, kannst du auch dafür konzipierte Geräte kaufen, die du zum Beispiel nachts in die Vagina einführst. Sie messen deine Temperatur regelmäßig und übertragen die Daten morgens in die zugehörige App. Dort werden sie meist mit anderen Informationen (zum Beispiel einem Periodenkalender) kombiniert, um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten. All diese Geräte und Zykluscomputer können hilfreich sein, sind aber nicht notwendig, um deine fruchtbaren Tage zu erkennen.
Die Beobachtung des Zervixschleims
Wie bereits erwähnt: Wenn du dich auf der Kinderwunsch-Reise befindest, geht es darum, deinen Zyklus und deinen Körper gut kennenzulernen – dazu gehört auch dein Zervixschleim. Denn dieses Sekret, das die Drüsen im Gebärmutterhals abgeben, verändert sich im Laufe des Zyklus deutlich. Der Schleim kann klebrig oder fadenziehend sein, er ist mal weißlich, klar oder trüb.
Möchtest du diese Schleimmethode anwenden – vielleicht in Kombination mit der Temperaturmessung – solltest du den Schleim täglich zur gleichen Tageszeit untersuchen. Dafür nimmst du etwas Schleim aus dem Eingang deiner Vagina und ziehst ihn mit Daumen und Zeigefinger auseinander. Wenn du beobachtest, dass der Schleim Fäden spinnt und recht klar aussieht – ähnlich wie rohes Eiweiß – dann steht dein Eisprung bevor. Um dir ein gutes Bild von deinem Zyklus und deinen fruchtbaren Tagen zu machen, ist es auch bei dieser Methode wichtig, dir einige Monate Zeit zu geben. Erfasst du drei Zyklen lang die Beobachtung deines Schleims, bekommst du bald ein Gefühl dafür, wann die fruchtbaren Tage anstehen.
Deinen Muttermund tasten
Hast du schon einmal deinen Muttermund ertastet? Auch das kann dir auf deiner Kinderwunsch-Reise helfen, deinen Zyklus besser einzuschätzen. Der Muttermund ist das Ende des Gebärmutterhalses, der den Eingang der Vagina mit der Gebärmutter verbindet. Bei einer Geburt öffnet sich der Muttermund, um das Baby hindurchzulassen – doch bereits auf dem Weg zur Schwangerschaft unterstützt dein Muttermund dich. Er öffnet sich rund um den Eisprung, damit Spermien in die Gebärmutter hineinkommen. Im Anschluss schließt er sich wieder, damit keine Keime in die Gebärmutter gelangen und dein Inneres gut geschützt ist.
Dieses Wissen kannst du nutzen, um deine fruchtbaren Tage zu erkennen:
Ist der Muttermund geschlossen, fühlt er sich etwa wie deine Nasenspitze an. Also wie ein festerer Knorpel, an dem du eine kleine Einkerbung spürst – vielleicht hilft dir auch das Bild, dass er sich wie eine Kirsche anfühlt.
Öffnet sich der Muttermund an den fruchtbaren Tagen fühlt er sich eher wie dein Kinn oder ein leicht geöffneter Kussmund an. Manchmal wird auch das Bild eines Mini-Donuts genannt. In dieser Phase können Spermien leicht in die Gebärmutter eindringen, du hast also deine fruchtbaren Tage. Wenn du erst einmal geübt im Tasten bist, bekommst du schnell ein gutes Gefühl, in welcher Phase deines Zyklus du dich befindest – und welche faszinierenden Prozesse in deinem Körper ablaufen.
Sex im restlichen Monat? Sehr gerne!
Für welche Variante du dich auch entscheidest: Es hilft in vielerlei Hinsicht, den Sex mit deinem Partner nicht nur auf die fruchtbaren Tage zu begrenzen. Denn erstens kann diese geplante Zweisamkeit schnell den Spaß am Sex und die oft schöne Spontaneität in eurem Liebesleben nehmen. Außerdem kommt ihr der Erfüllung eures Kinderwunschs idealerweise ein Stück näher, wenn ihr auch abseits von Temperaturkurven und Testergebnissen Sex habt: Denn das Immunsystem der Frau nimmt Spermien häufig zunächst als Eindringlinge wahr und versucht, sie zu bekämpfen. Je häufiger der weibliche Körper aber in Kontakt mit den Spermien kommt, desto besser lernt er sie kennen und desto weniger wertet er sie als Gefahr.
Habt ihr also regelmäßig – und ganz ohne Druck und Timing – Geschlechtsverkehr, kann es für die Spermien leichter werden, zur Eizelle vorzudringen. Und das erhöht natürlich die Chance, dass die Befruchtung erfolgreich ist und ein neues Leben entsteht.
Love-Note
Wir stellen dir hier einige Methoden vor, mit denen du deine fruchtbaren Tage bestimmen kannst, und wir sind sicher, dass es noch weitere Anzeichen gibt, um sie zu erkennen. Vielleicht hast du einen eigenen Weg entwickelt? Dann teile ihn gern mit uns, wir freuen uns immer über neue Inspiration.